Vom Umgang mit Asbest
Bauherren in der Pflicht
Obwohl seit 2005 in allen EU-Ländern ein totales Verbot für Herstellung, Verwendung und Inverkehrbringung von Asbest und von asbesthaltigen Materialien gilt, ist Asbest immer wieder und immer noch ein Thema im täglichen Leben, denn im Bestand finden sich noch viele Asbestprodukte. Das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) schätzt, dass zukünftig noch vorhandene Asbest- und hier insbesondere Asbestzementprodukte, in einer Größenordnung von ca. 300.000 t/Jahr ausgebaut und entsorgt werden müssen.
Gerade der Umgang mit Asbest bei Abbruch-, Sanierungs- und Instandhaltungsarbeiten verlangt ein hohes Maß an Fachkompetenz von der ausführenden Firma. Qualität hat jedoch ihren Preis, und das müsste endlich auch in den Ausschreibungen und bei der Auftragsvergabe bei den Bauherren und den Auftraggebern ankommen.
Asbestprodukte waren zunächst hochgeschätzte Baustoffe. So enthielten z. B. in den 1970er Jahren über 3.000 Produkte Asbest. Somit finden sich auch jetzt noch in vielen Gebäuden Bauteile aus Asbest in teils schwach-, teils festgebundener Form. Dieselben Probleme und Besonderheiten, die beim Total-Abbruch von asbesthaltigen Gebäuden gelten, sind auch relevant, wenn es „nur“ um die Asbestsanierung eines Gebäudes geht, das anschließend weiter genutzt werden soll.
Es liegt in der Verpflichtung und Aufgabe des Bauherrn, schon vor dem Abbruch eines Gebäudes nach Asbest suchen zu lassen. Wird Asbest gefunden, so ist dieser vor dem Abbruch zu beseitigen.
Es sollten niemals Unternehmen beauftragt werden, die über keine eigene Zulassung und kein eigenes Equipment verfügen. Eine Vergabe an ein Unternehmen, das keine eigene Genehmigung besitzt, sondern Nachunternehmer mit der Asbestsanierung beauftragen will, ist nach meiner Auffassung problematisch.
Die Beseitigung von asbesthaltigen Produkten vor dem Abbruch des Gebäudes ist eine Sanierung mit besonderen Anforderungen. Deshalb ist dafür idealerweise eine eigene Ausschreibung erforderlich, die diesen Besonderheiten Rechnung trägt. Ziel ist es, im Wettbewerb ein kostensparendes, organisatorisch und technisch ausgereiftes Angebot zu erhalten und sich so eine unsachgemäße Demontage von Asbest zu ersparen, die für die unmittelbar Beteiligten, aber auch für die Umgebung der Abbruchbaustelle eine hohe Gesundheitsgefährdung auslösen kann. Schließlich sollen so auch spätere kostspielige Nachträge von vornherein unterbunden werden.
Der Deutsche Abbruchverband vertritt die Meinung, dass mit Abbruch- und Sanierungsarbeiten von Asbest nur Unternehmen beauftragt werden dürfen, die den besonderen Anforderungen an die Beseitigung von Asbest gerecht werden. Sie müssen mindestens folgende Anforderungen aufweisen:
- gültige Zulassung nach Gefahrstoffverordnung für die Durchführung von Abbruch- und Sanierungsarbeiten an oder in bestehenden Anlagen, Bauten oder Fahrzeugen, die schwach gebundene Asbestprodukte, einschließlich Spritzasbest, enthalten;
- mehrere Sachkundige im eigenen Unternehmen mit Sachkundenachweis nach TRGS 519;
- für den Umgang mit Asbestprodukten ausgebildetes und ärztlich untersuchtes qualifiziertes Fachpersonal (G 26,G 1.2)
- eigene Geräteausstattung: Material für den Aufbau des Schwarzbereiches, Unterdruckgeräte entsprechender Größenordnung, 4-Kammern-Personalschleuse mit Zwangsverriegelung und Zwangsdusche, Differenzdruckmessgerät mit Schreiber, mehrere H-Sauger mit entsprechender Leistung, Reinigungsgeräte u.ä.
Soweit die Theorie. Sowohl aufgrund meiner Erfahrung als DA-Vorstandsmitglied als auch als Inhaberin eines zugelassenen Fachunternehmens zur Asbestsanierung weiß ich, dass die Praxis sehr oft ganz anders aussieht. Eine Vielzahl von Ausschreibungen für Abbruchaufträge beschreibt ein Gebäude nur pauschal und sieht vor, dass der Abbruchunternehmer alle Risiken von möglichen Schadstofffunden selbst trägt und bereits preislich in sein Angebot mit einkalkulieren soll. Eigentlich unmöglich, aber leider gibt es immer wieder Betriebe, die sich darauf einlassen. Wenn dann Schadstoffe gefunden werden und das Geld nicht reicht, wird womöglich am Gesundheitsschutz gespart oder an den Entsorgungskosten.
Asbestsanierung ist keine Akkordarbeit!
Der Deutsche Abbruchverband fordert daher: Hier muss exaktes Arbeiten unter Einhaltung aller gesetzlichen Vorschriften zum Schutz von Mensch und Umwelt oberste Priorität haben. Dies steht leider im direkten Widerspruch zur Vergabepraxis der öffentlichen Hand, die gehalten ist, den wirtschaftlichsten, was nichts anderes meint als den billigsten Bieter zu beauftragen. Besser wäre es, qualifizierte Fachunternehmen mit entsprechenden Referenzen vorher auszuwählen, also beschränkte Ausschreibungen durchzuführen.
Hier ist dringend ein Umdenken der Bauherrschaft, ganz gleich ob privat oder öffentlich, erforderlich. Qualifizierte, fachgerechte Arbeit hat ihren Preis – auch und gerade im Abbruch und in der Schadstoffsanierung. Diese Kosten sind nichts im Vergleich zu einer unverantwortlich begangenen Schädigung von Mitarbeitern, Nachbarn und Umwelt, wenn der Zuschlag mal wieder an den fachlich unqualifizierten Billigbieter vergeben wurde. Aber auch die staatlichen und berufsgenossenschaftlichen Stellen zur Arbeits- und Gesundheitsüberwachung sehe ich hier in der Pflicht. Es gibt ganz klare verpflichtende Vorschriften und Regeln im Umgang mit Asbest – die ausführenden Betriebe sollen engmaschig auf ihre Einhaltung hin kontrolliert werden. Kein Betrieb darf sich in Sicherheit wiegen, dass das, was er möglicherweise gesetzeswidrig in seinem Schwarzbereich macht, unentdeckt bleibt. Hier wegschauen, schadet uns allen. (Dagmar Caruso)
Erschienen in: Abbruch aktuell – Fachmagazin des Deutschen Abbruchverbandes e.V. – 4/2012